Freie Radikale, Theorie des Alterns
1. Einleitung
In der Chemie gilt: generell sind nur diejenigen Atome ausgeglichen und stabil, auf deren inneren Umlaufbahn 2 Elektronen kreisen [1] und auf der nächsten Umlaufbahn 8 Elektronen usw.
Da das wichtige Sauerstoffatom nur 6 Außenelektronen besitzt, fehlen ihm folgerichtig zwei Elektronen auf der äußeren Schale seines Atommodells, um stabil zu sein. Wasserstoff wiederum fehlt 1 Außenelektron, da es als erstes Element im Periodensystem nur über ein Elektron auf seiner Elektronenschale verfügt. (Artikel EZ water)
Was liegt also näher, als das Sauerstoffatome mit je zwei Wasserstoffatomen, die jeweils ein Außenelektron zur Verfügung stellen, eine chemische stabile Verbindung eingehen und ihre Außenelektronen teilen?
Voila, H2O Moleküle sind geboren, die aufgrund der Oktettregel (oben genannte 8 Außenelektronen) und den daraus resultierenden Wasserstoffbrückenbindungen, die es mit anderen Wassermolekülen eingeht, eine sehr stabile und wichtige Substanz für viele Prozesse sind. (2/3 Regel–> sowohl die Erde als der Mensch besteht zu 2/3 aus Wasser, aber auf Molekülebene besteht der menschliche Körper sogar aus 99% Wassermoleküle! Wasserstoffmoleküle sind z.B. sechs mal kleiner als Sauerstoffmoleküle.
2. Entstehung von freien Radikalen
Da aber nicht immer Wassersoffatome in der nächsten Umgebung vorhanden sind, „borgen“ sich die Sauerstoffatome ständig bei ihren Nachbarn die ihnen selbst fehlenden 2 Aussenelektronen und nutzen diese zusammen: aus einem Sauerstoffatom wird ein Sauerstoffmolekül, indem sich beide Atome gemeinsam ein Elektronenpaar teilen.
Werden bei diesem Sauerstoffmolekül die Außenelektronen durch äußere Einflüsse getrennt [2], kann das einzelne Sauerstoffatom seinerseits im Stoffwechsel hoch aggressiv werden, da es auf der Elektronenhülle ein ungepaartes Elektron besitzt, damit instabil ist und bei Nachbarmolekülen die ihm fehlenden Außenelektron so zusagen raubt.
Diese Nachbar-Moleküle verändern sich ihrerseits durch diese zerstörte Zellstrukturen und es entstehen funktionslose Moleküle, die der Körper nicht verwerten kann und als „Zellmüll“ in und zwischen den Zellen anlagert: Ama entsteht.
Zu den bevorzugten Zellstrukturen, die von den freien Radikale angegriffen werden, gehören die Lipide [3] die durch Oxidation geschädigt werden (vgl. Die-Freie-Radikale-Theorie von Dr. med. B.Kleine-Grunk: Anti Aging – moderne medizinische Konzepte S. 19, Ausgabe 2003 Uni Med Verlag

Da dies mehrere tausend Mal am Tag passiert, wäre der Schaden zum einen groß, aber zum anderen hat die Natur Schutzmechanismen in Form von Enzymen (superoxid Dismutase, Glutation u.a.) gebildet, die unstabile Elektronen an freie Radikale abgibt, die diese sofort in ihrer Atomhülle einbauen können. Somit entstehen fortlaufend wieder stabile Moleküle.
Halten jedoch Dysbalancen länger an, entstehen zu viele freie Radikale. Die körpereigenen Systeme geraten in Stress (Agni wird geschwächt, Ama gebildet) und die Reserven von Ojas nehmen ab – was Zellen, Gewebe und Organe nachhaltig belastet.
Panchakarma und wärmende Massagen aktivieren zum einen diese genannten körpereigenen antioxidativen Enzyme und zum anderen wird durch die verbesserte Durchblutung der oxidative Stress, Cortisol etc pp im Körper reduziert. (Studie)
freie Radikale, sind ursächlich für:
- vorzeitige Alterung,
- Herzerkrankungen
- Arteriosklerose
- Krebs,
- Verlust von Kraft und Vitalität
- vorzeitiges Ergrauen und Haarausfall,
- Ein geschwächtes Immunsystem
- unerklärlichen Gewichtsverlust und Gewichtszunahme
- mangelnde Libido und psychosomatische Erkrankungen u.v.m.
Grundprinzipien im Ayurveda zur Bekämpfung dieser freien Radikale
Da freie Radikale im Ayurveda als Ojas-Mangel interpretiert werden, zielen die Behandlungen auf folgende Ziele;
- Ojas stärken (Lebensessenz, Immunität, Vitalität)
- Ama reduzieren (Toxine, Schlacken)
- Sattva erhöhen (psychisches Gleichgewicht)
- Gleichgewicht der Doshas wiederherstellen
Panchakarma als vorbeugende Maßnahme
Panchakarma hilft, den Körper tiefgreifend zu reinigen und freie Radikale zu reduzieren, indem es Stoffwechsel, Entgiftung und Immunität optimiert.
Rasayana-Kuren
Rasayana-Kuren sind das Herzstück der Anti-Aging-Strategie im Ayurveda und wirken stark antioxidativ, zellerhaltend und Ojas-stärkend.
Beispiele für Rasayana:
- Chyawanprash – Stärkung von Immunität, Reduktion von freien Radikalen, tonisiert das Herz und Lunge.
- Amalaki / Amla (Indische Stachelbeere) – reich an Vitamin C, neutralisiert oxidativen Stress.Ashwagandha – adaptogen, reduziert Stress-induzierte freie Radikale.
- Brahmi – neuroprotektiv, unterstützt geistige Klarheit und antioxidative Mechanismen.
- Guduchi (Tinospora cordifolia) – entgiftend, immunstärkend, schützt Leber und Blutgefäße.
Anwendung: über 3–6 Monate als Kur, individuell dosiert nach Dosha und Alter.
4. Massagen (Pinda oder Abhyanga und spezielle Öle)
Massage reduziert freie Radikale indirekt, indem sie Stress senkt, Durchblutung und Lymphfluss stimuliert und Ojas aufbaut.
Strategien:
- Tägliche Selbstmassage (Abhyanga) mit Sesam-, Karanja- oder Mahanarayan-Öl→ fördert die Hautgesundheit, bindet freie Radikale, reguliert Vata.
- Rasayana-Massagen bei Rasayana Academia (Ashwagandha, Bala-Ölen)→ tiefgehende Regeneration, Anti-Aging-Effekt, Harmonisierung der Doshas.
- Shirodhara / Stirnguss→ beruhigt Nervensystem, reduziert Stress-induzierte freie Radikale, fördert Sattva
Ernährung & Lebensstil zur Reduktion freier Radikale
- Saisonale, frische Nahrungsmittel: viel Obst und Gemüse, antioxidativ wirksam (z. B. Beeren, grünes Blattgemüse).
- Gesunde Fette: vor allem Ghee, fördert als Lipid die lipidhaltigen Zellmembranen
- Richtiges Koch- und Gewürzverhalten: Kurkuma, Ingwer, schwarzer Pfeffer → antioxidative Wirkung.
- Schlaf & Siesta: Vata stabilisieren, Ojas erhalten.
- Regelmäßige, moderate Bewegung: z. B. Yoga-Asanas, Atemübungen → reduziert oxidativen Stress.–
Integration in einen ayurvedischen Alltag
- Morgens: leichte Abhyanga, warme Dusche
- Tagsüber: ausgewogene Ernährung, Kräutertee (Tulsi, Ingwer, Amla)
- Nachmittags: kurze Siesta oder Meditation → reduziert Cortisol → weniger freie Radikale4.
- Abends: leichte Rasayana-Mahlzeit oder Chyawanprash, Schlaf vor 22h, noch in der Kapha Zeit (wenn möglich)
[1] betrifft nur Helium, da es mit der Ordnungszahl 2 nur über eine innere Elektronenschale verfügt und diese vollständig mit zwei Elektronen besetzt ist. Helium macht ca 10% der Materie im Universum aus. Wasserstoff war das erste element nach dem Urknall und ist das mit Abstand häufigste Element im Universum und macht ca. 90 % der sichtbaren Materie aus, großteils als H2-Moleküle.
[2] Einflüsse die zur Abspaltung von Außenelektronen führen können
- Strahlung
- Umweltgifte/ Pestizide
- Luftverschmutzung
- „Genussmittel“ wie Zigaretten und Alkohol
- psychischer Stress
[3] Lipide = Gesamtheit der Fette und fettähnlichen Substanzen, die sich schlecht in Wasser lösen lassen
[4] siehe freie-Radikale-Theorie von Biogerontologen Denham Harman, auf den auch alle folgenden Theorien aufbauen : die Zelle erfährt aufgrund einer Akkumulation von freien Radikalen oxidativen Stress und erleidet Zellschäden, die zu beschleunigtem Altern, Funktionsverlust oder sogar Zelltod (Apoptose) führen können.